Westfalenblatt 16.06.2025
Projekttag soll dazu beitragen, andere Ansichten kennenzulernen und zu respektieren
Gymnasium betont die Vielfalt der Menschen
von Volker Hagemann
STEINHAGEN Verschiedene Geschmäcker, verschiedene Meinungen, verschiedene Nationalitäten, verschiedene sexuelle Orientierungen: All das macht die Vielfalt unter Menschen aus. Das Steinhagener Gymnasium hat das am vergangenen Freitag kreativ in den Mittelpunkt gerückt.

Für diesen erstmals im SteinGy veranstalteten „Tag der Vielfalt“ sind in monatelanger Vorbereitung 33 Workshops umgesetzt und nun in der Eingangshalle der Schule präsentiert worden – zum Informieren, zum Mitmachen und vor allem, um Verständnis, Achtung und Respekt zu wecken.
Die Organisation lag in den Händen der Schülervertretung und der Schulsozialarbeit, „zu einem Großteil aber auch in den Händen von insgesamt 28 externen Institutionen“, erklärt Schulleiter Stefan Binder, der als Beispiele die AWO, die Aidshilfe oder das Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt „Schlau“ aus Bielefeld nennt.

Es geht um die Würde jedes Einzelnen
Es geht um die Vielfalt der Menschen und die Würde jedes Einzelnen, egal wie unterschiedlich oder „anders“ er sein mag. Denn, das stellen Binder und seine Kolleginnen Sarina Steffen, Joanna Jahns (beide von der Schulsozialarbeit) und SV-Lehrerin Nadine Meier als ein Leitmotto auch über diese Veranstaltung: „Die Würde des Menschen ist unantastbar, wir sind bunt!“ Binder betont: „Wir sind eine Schule!“
Es ist spannend, zu sehen, wie vielseitig das Thema Vielfalt umgesetzt wird. Da haben Schülerinnen und Schüler ein internationales Buffet zusammengestellt, der Siebener-Jahrgang spielt sich durch Sportarten aus aller Welt, an Pinnwänden wird aufgeschrieben, wie verschieden die Essensgeschmäcker sind oder auf welche Weise man gerne wohnen würde – von der WG über das Autohaus bis zum abgelegenen Bauernhäuschen.
Das Bielefelder Theater am Alten Markt stellt in einem seiner Workshops „Queere Lebensgeschichten aus Bielefeld“ vor. Aus Köln ist Drag Queen Cassy Carrington angereist, die für die Lebenssituation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie weiteren queeren Menschen sensibilisieren will. Währenddessen vertont eine Schülergruppe unter Anleitung von Patrick Sawadzki vom Bielefelder Tonstudio „Hit Factory“ einen Coversong: „We are the SteinGy“.

Sich schützen und stark machen
Und weil es auch in Deutschland oft mangelnde Akzeptanz unterschiedlicher Ansichten und Orientierungen gibt, zeigen Workshops an diesem „Tag der Vielfalt“ auf, wie man sich gegen Diskriminierung wehren kann: So erfahren die Schüler, wie sie auf Anfeindungen im Internet – in sogenannten „sozialen“ Netzwerken etwa – richtig reagieren können. Wie sie Populismus und Extremismus im Internet erkennen. Und wie sie bei all dem ihren Körper und Geist stark machen, etwa beim Yoga ihre mentale Gesundheit stärken.
Und was sagen die Schüler im Anschluss an den Vormittag? „Ich fand es interessant, andere Meinungen zu hören, zu verstehen, auch warum andere so oder eben so denken“, sagt Leni, die auch zum Orgateam gehört. „Es wäre natürlich super, wenn wir es schafften, diese Offenheit auch weiterhin in unseren Schulalltag zu integrieren. Denn leider packt man ja oft andere in Schubladen“, findet ihr Mitschüler Henry.
Ein weiterer wichtiger Punkt: „Manche Schüler vertrauen sich mit bestimmten Fragen eher externen Fachleuten an als ihren Lehrern, die sie ja nahezu täglich wiedersehen und sich dann womöglich schämen“, haben Leni und ihre Mitschülerin Mahrosh mehrfach gehört.
Die Initiative zu diesem „Tag der Vielfalt“ ging übrigens nicht von Schulleitung oder Lehrerkollegium aus, sondern von den Schülerinnen und Schülern selbst: „Vor mehr als einem Jahr ging es bei einem Besuch im Steinhagener Jugendzentrum ‚Checkpoint‘ um die Herkunft und Symbolik der Regenbogenfahne, und das Thema verfestigte sich mehr und mehr“, berichtet SV-Lehrerin Nadine Meier. „Auch bei der SV-Fahrt ging es noch einmal darum, denn es gibt durchaus Schüler, die Erfahrungen mit Diskriminierung haben“, sagt Schulsozialarbeiterin Joanna Jahns, ohne auf Details eingehen zu wollen.

Initiative zum Projekttag ging von Schülern aus
„Also traten mehrere Schüler an mich heran und wollten Fachleute einladen“, berichtet Schulleiter Stefan Binder. „Der Wunsch musste aber zunächst in der aus Eltern, Schülern und Schulvertretern bestehenden Schulkonferenz beraten werden – in der es grünes Licht gab. Weil die externen Institutionen, die heute zu Gast waren, unterm Strich eine vierstellige Summe kosten, hatten die Schüler des Gymnasiums die Idee im Herbst 2024 dem Steinhagener Schulausschuss vorgestellt und einen finanziellen Zuschuss der Gemeinde erhalten. Weiteres Geld stellte die AWO aus ihrem Präventions-Etat zur Verfügung.“
Den Ausklang dieses Vormittags bildet schließlich die von fünf Schülerinnen getextete Hymne – in Anlehnung an die Europa-Hymne „Freude, schöner Götterfunken“: Fast 800 Schüler singen auf dem Schulhof „Wind und Sonne unsere Kräfte, Hoffnung blüht in jedem Land. Schützt das Leben, achtet Grenzen, reicht euch mutig eure Hand!“