Westfalen-Blatt 15.05.2025

Europatag am Steinhagener Gymnasium: 80 Jahre Weltkriegsende und Klimaschutz besonders im Fokus

Weltraumflug und Friedensmahnung

von Annemarie Blum-Weinhold

STEINHAGEN Das Steinhagener Gymnasium wird gerne mal mit einem UFO verglichen – auch Physiklehrer und MINT-Koordinator Andreas Frerkes kommt nicht umhin. Und dann hatte er vor dem UFO auch noch eine Rakete parken lassen. Doch der Europatag der Schule war keineswegs eine abgehobene Veranstaltung. Im Gegenteil: Schulleiter Stefan Binder erdete die Schülerinnen und Schüler mit einer offenbar beeindruckenden Rede.

Echt abgehoben: Im SpaceBuzz One der Deutschen Raumfahrtagentur nahmen die Sechstklässler Platz und erhielten am Ende ein Flugzertifikat. Schülerinnen und Schüler aus der Jahrgangsstufe neun, Lehrer Andreas Frerkes und die “Mission Specialists” Vanessa Mies und Dennis Hamann brachten sie in die richtige Umlaufbahn. Fotos: A. Blum-Weinhold

80 Jahre ist es her, dass der Zweite Weltkrieg zu Ende ging. „Aber während wir derzeit wegen des Aufstiegs und des bevorstehenden Pokalfinales in Berlin völlig euphorisch sind“, sagte Arminia-Fan Stefan Binder, „geht keiner auf die Straße und gibt seiner Freude Ausdruck, dass wir seit 80 Jahren im Frieden leben.“ Das werde als selbstverständlich hingenommen: „Aber es ist keine Selbstverständlichkeit“, sagte Binder und nannte gleich eine ganze Reihe von aktuellen Kriegen und Konfliktherden.

„In Zeiten von erneutem Krieg in Europa und wachsenden demokratiefeindlichen Parteien und Stimmungen in vielen europäischen Gesellschaften wird es immer wichtiger, dass Schulen zur intensiven und aktiven Auseinandersetzung mit den Grundlagen und der Bedeutung von Menschenrechten, Demokratie und internationaler Kooperation anregen und dafür Raum schaffen“, hatte Stefan Binder seine Motivation zu dieser Rede in einer Pressemitteilung begründet. Er sagte: „Die Europatage unserer Schule dienen diesem Ziel.“

Das Foyer des Gymnasiums war mit 600 Schülerinnen und Schülern gut gefüllt, als Schulleiter Stefan Binder den Europatag mit einer Rede begann. Foto: Steinhagener Gymnasium

Binder bat die Schülerinnen und Schüler, sensibel zu werden, sich bewusst zu machen, warum es den Europatag am Gymnasium gebe. Eine solche Ansprache ihres Schulleiters hatten die Schülerinnen und Schüler noch nie gehört. Und schon gar nicht morgens um 7.50 Uhr. Französischlehrerin Jutta Bischoff, die den Europatag koordiniert hat, zeigte sich erfreut von der Ernsthaftigkeit, mit der die Schülerinnen und Schüler zehn Minuten zuhörten. Anschließend hätten sie diese Ernsthaftigkeit auch mit in die Projektarbeit genommen.

Jede Jahrgangsstufe hatte ihre Fragestellung: „Was ist Europa?“, das untersuchten die fünften Klassen, während es bei den Zehntklässlern um das Kriegsende in den Ländern Europas ging, und sich die Stufe sieben mit dem Thema „Die EU und das Klima“ beschäftigte.

Mit Europa beschäftigen sich auch die Fünftklässler: “Was ist die EU?” lautete die Fragestellung ihrer Projektarbeit.

Europa-Hymne modernisiert

Auch die internationalen Aktivitäten des Steinhagener Gymnasiums wurden vorgestellt: Denn die Schülerinnen und Schüler sind häufig in der EU unterwegs, reisen beispielsweise in die Partnerstädte Steinhagens in Holland, Italien und Lettland – und auch über die EU hinaus: nach England.

Politiklehrer Jan Breuer modernisierte indes mit der EF, Jahrgangsstufe 11, das Lied, das Europa verbindet: Auch wenn die Europa-Hymne selbst ohne Text ist, so liegt ihm Beethovens „Ode an die Freude“ und damit ein Gedicht Friedrich Schillers zugrunde. Doch die Zeilen finden die Schülerinnen und Schüler ziemlich veraltet, schlicht: nicht mehr verständlich. Sie verfassten die Hymne neu.

SpaceBuzz als Bildungsprogramm

Der Europatag bekam unter dem Aspekt „Die EU und das Klima“ noch eine weitere, gewissermaßen universelle Dimension. Die Fünft- und Sechstklässler konnten sich an zwei Tagen nicht nur Europa, sondern die ganze Welt von oben ansehen. Mit dem SpaceBuzz One der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR, dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum geht es zunächst in die Erdumlaufbahn, später auch weiter zum Mond. Schülerinnen und Schüler bekommen den tropischen Regenwald ebenso wie die abschmelzenden Polkappen zu sehen und ein Gespür für den Klimawandel.

Der SpaceBuzz ist ein Lkw-Auflieger in Form einer liegenden Rakete, der mit jeder Menge High-Tech ausgestattet ist. Dank der VR-Brille ist ein virtueller Flug ins All möglich, kommentiert von den deutschen Astronauten Matthias Maurer und Alexander Gerst. Der SpaceBuzz versteht sich als Bildungsprogramm zusätzlich zum MINT-Unterricht.

Im Erdkunde- und Physikunterricht haben die beiden Stufen ihren Ausflug ins All gründlich vorbereitet und werden ihn auch nachbesprechen. An Bord darf nur, wer das Astronautenquiz bestanden hat – sprich: sich mit der Thematik auseinandergesetzt hat. Und wer den Flug absolviert hat, der bekommt das Flugzertifikat und von „Mission Specialist“ Vanessa Mies den einprägsamen Satz mit auf den Weg: „Wir haben nur diesen einen Planeten.“ Wie könne man die Erde schützen, fragt sie die Jugendlichen, die darauf sehr alltagstaugliche Antworten haben: öffentliche Verkehrsmittel nehmen, keinen Müll in die Landschaft werfen…

Und wie war der Flug? „Sehr realistisch“, ist sich die Jungen-Gruppe einig. Man habe sich gut auch im Raumschiff umsehen können, Erde und Mond hätten toll ausgesehen, die Sonne sei etwas verschwommen gewesen. Echtes Fluggefühl ist wohl auch aufgekommen: Beim Start und bei der Landung hätten die Sitze vibriert. Und die Erkenntnis? „Die Erde wird immer dreckiger. Man sieht die Verschmutzung“, sagt einer von ihnen. Dass der SpaceBuzz One überhaupt am Gymnasium gehalten hat, das ist der guten Vernetzung des SteinGy als MINT-Exzellenz-Schule in den MINT-Netzwerken zu verdanken. Der SpaceBuzz ist deutschlandweit unterwegs und entsprechend gut ausgebucht und kommt nicht an jede Schule.

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